Urbanes Grün, insbesondere Bäume, spielen in bebauten Gebieten eine wichtige Rolle. Als Sauerstoffproduzenten, Schattenspender und Feinstaubfilter wirken sich Bäume, daneben auch durch ihre Ästhetik, positiv auf unser Wohlbefinden aus. Ihre Funktionen und Wirkung dienen als Oasen der Ruhe und Entspannung. Sie bieten einen facettenreichen Lebensraum wildlebender Tiere und bringen uns ein Stück Natur zurück in die Stadt.
Der Lebensraum Stadt ist ein Extremstandort und gekennzeichnet von nachteiliger Wirkung auf die Bäume. Immissionen aus Verkehr, verdichtete Böden und Trockenheit u. w. reduzieren deren Vitalität. Eingeschleppte Pathogene und starke Veränderungen der klimatischern Rahmenbedingungen setzen den Bäumen zunehmend zu.
Zusätzlich müssen die Bäume unseren Anforderungen an die Verkehrssicherheit gerecht werden.
Die zusätzlichen technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien für Baumpflege sichern die Qualitätsstandards (ZTV-2017). Als Regelwerk von öffentlichen Auftraggebern anerkannt, meist dem Privatkunden nicht gänzlich geläufig. Nachfolgend eine kurze Erläuterung der einzelnen Maßnahmen.
ERZIEHUNGSSCHNITT
Der Erziehungsschnitt stellt die wichtigste und sinnvollste Maßnahme dar. Entnahme oder Korrektur von Fehlentwicklung, Vorbereitung des Baumes auf standörtliche Gegebenheiten, wie z.B. das Lichtraumprofil, werden während der Jungbaumpflege in Form des Erziehungsschnitts realisiert. Es werden die Weichen für einen gesunden Pflegezustand im weiteren Altersverlauf gesichert. Ungünstige Astanbindungen können z.B. in diesem Alter unproblematisch entfernt werden. Die verbleibenden Wunden werden klein gehalten und können schnell überwallen (verschließen).
TOTHOLZ
Aufgrund geringer Photosynthese Leistung lassen Bäume einzelne Äste gezielt absterben. Diese Totäste bilden sich unter normalen Umständen während der Reifephase im Inneren der Krone, in Folge unzureichender Besonnung.
Alte Bäume mit nachlassender Vitalität sind häufig nicht mehr in der Lage, die Kronen ausreichend mit Wasser und Nährstoffen zu versorgen. In Folge vergreisen die Kronen, der Totholzanteil steigt und die durch belaubte Blätter mögliche Windangriffsfläche reduziert sich.
Einst stattlich große Bäume fangen an sich zu verkleinern um in Folge nachlassender Vitalität höhere Sicherheitsreserven zu erreichen.
Totholz liefert auch Hinweise auf Schädigungen im Wurzelbereich oder einen Befall durch Phatogene, wie etwa Pilze. Der Gesetzgeber sieht eine Entnahme von abgestorbenen Ästen >3cm vor, um Schäden an Dritten auszuschließen.
KRONENPFLEGE
Im Zuge der Kronenpflege entnehmen wir Totholz, um unkontrolliertes Ausbrechen zu verhindern. Ebenfalls entfernen wir sich reibende und kranke Äste entfernt. Wir berücksichtigen die Ansprüche des Baumumfeldes, passen das Lichtraumprofil an Verkehrsflächen an oder sichern die notwendigen Abstände zu Gebäuden.
EINKÜRZEN VON KRONENTEILEN / KRONENEINKÜRZUNG
Versäumte Erziehungsschnitte, nachlassende Verkehrssicherheit durch holzzersetzende Pilze, erfordern das Einkürzen einzelner Teile bis hin zur gesamten Krone. Das Ausmaß richtet sich nach Baumart und Bewertung der statischen Schwachstelle. Ziel ist, eine arttypische Kronenform mit verringerter Windangriffsfläche zu erreichen.
KRONENSICHERUNGSSCHNITT
Um der Verkehrssicherungspflicht gerecht zu werden, kann es in Folge weit voran geschrittener Holzfäulen zu einer starken Einkürzung von Bäumen kommen. Diese Maßnahme erstreckt sich hin bis in den Starkastbereich. Die Lebenserwartung solcher Bäume kann somit bis zu einigen Jahren verlängert werden.
NACHBEHANDLUNG STARK EINGEKÜRZTER BÄUME MIT STÄNDERWIRKUNG
In Folge von Kappungen wird versucht, den Verlust der Primärkrone durch den Aufbau einer stabilen Sekundär-Krone auszugleichen. Dies erfolgt durch Vereinzelung der neu austreibenden Wasserreißer, deren Einkürzung und, falls erforderlich, deren Stabilisieren mittels Kronensicherungssystemen.
KRONENSICHERUNG
Kronensicherungen dienen der Verringerung von Bruchgefahr einzelner Äste, Stämmlingen Kronen bis hin zu ganzen Bäumen. Dynamische Hohltaue werden in den Kronen eingebaut, diese erlauben weiterhin ein angemessenes Schwingverhalten im Wind und reduzieren einwirkende Kräfte auf Schwachstellen bei orkanartigen Windverhältnissen. Kronensicherungen erfüllen einen vergleichbaren Zweck, wie das Einkürzen von Bäumen.
Welche Variante sinnvoll ist, wird situationsbedingt entschieden; auch ein kombiniertes Verfahren ist denkbar.
Das Bundesnaturschutzgesetz sichert einen Mindeststandart zum Schutz wildlebender Tiere.
- 39 Abs. 5 BNatSchG zeigt das zeitliche Schnittverbot auf. Dieses bezieht sich auf Straßen und Alleebäume, Bäume in freier Landschaft und natürliche Hecken. An genannten Standorten dürfen Gehölze nicht gefällt oder abgeschnitten werden. Schonende Pflegemaßnahmen, die nicht als Sondermaßnahmen entsprechend der aktuellen zusätzlichen technischen Vertragsbedingungen für Baumpflege (ZTV) beschrieben werden, sind auch hier erlaubt.
Bäume auf gärtnerisch genutzten Flächen, öffentlichen wie auch privaten Grünanlagen, Sportanlagen und z.B. Friedhöfen fallen nicht unter das bekannte Schnittverbot vom 01. März bis 30. September. Darüber hinaus ist es möglich, dass in Landesnaturschutzgesetzen und örtliche Baumschutzsatzungen weitere Vorgaben festgelegt sind.
Somit dürfen zwischen dem 01.03-30.09. Sondermaßnahmen, wie auch Fällungen auf genannten Standorten durchgeführt werden insofern kein Konflikt mit den ganzjährig gültigen §39 Abs. 5 BNatSchG (allgemeiner Schutz aller Arten), § 7 Abs. 2 Nr. 13 BNatSchG (Schutz besonders geschützer Arten) und § 7 Abs. 2 Nr. 14 BNatSchG (Schutz streng geschützter Arten) gegeben ist.
Ein weiterer Irrglaube ist, dass der richtige Schnittzeitpunkt im Winter stattfindet. Früher waren die Bauern für den Schnitt ihrer Obstbäume verantwortlich. Da im Laufe der Vegetationsperiode wichtigere Arbeiten von Interesse waren, wurde der Baumverschnitt für diese Jahreszeit aufgespart. Der Zeitpunkt wurde rein zweckmäßig gewählt. Biologisch befindet sich der Baum im Winter in einem Ruhezustand. Stoffwechselprozesse und Zellteilung finden in diesem Zeitraum, wenn nur in deutlich geringerem Maß statt. Parallel sind holzzersetzende Pilze auch im Winter aktiv. Der Baum ist zu diesem Zeitpunkt nicht in der Lage, auf die entstehenden Verletzungen zu reagieren. Aus genannten Gründen ist ein Schnitt während der Vegetationsperiode aus Baum physiologischer Sicht sinnvoller. Baumschutz steht im BNatSchG gleichwertig mit dem Artenschutz, fachgerechte Baumpflege ist aktiver Artenschutz. Der Lebensraum wildlebender Tiere wird auf diesem Weg gefördert.
Weitere Infos finden Sie hier: www.baumpflegeportal.de